Dieses und Jenes

Mit offenen Armen

Dieser Tage verwandelt Hamburg meine Perle sich zunehmend in eine Art schnöde Zuchtperle. Immer noch glänzend, immer noch rund, immer noch Perlmutt. Aber irgendwie fehlt der alte Zauber. Die zunehmende Präsenz der Staatsmacht in Form eines gewissen Überangebots der dazugehörigen Beamten und ihrer vielfältigen Auswahl an Fahrzeugen, überdeckt meine Schöne mit einem gräulichen Feinstaub. Bin ich gegen den G20 Gipfel? Grundsätzlich nicht. Schon von Berufs wegen stehe ich total auf Kommunikation! Und um den sehr speziellen Menschen in meinem Leben erneut zu zitieren: Reden hilft! Am Ende ist es immer das persönliche Gespräch, das uns weiter bringt. Das gilt natürlich auch für unsere Weltpolitiker, in weiten Teilen (noch) von uns gewählt. Allein die Sicherheit schaffenden Konsequenzen, die so ein Treffen in unseren Zeiten hat, erschrecken mich und zeigen mir, wo ich in Zukunft auf keinen Fall hin will. Und das Gerücht, dass ein gewisser D Punkt Narziss, der Frauen, die schon mal geboren haben, sexuell einfach nicht mehr attraktiv finden kann, es sich in unserem Gästehaus des Senats gemütlich und sich ob dessen hanseatischer Bescheidenheit darüber lustig machen wird, lässt mich würgen. Hätte man den Mann win-win-mäßig nicht besser in irgendeinem Stundenhotel untergebracht? Aber wir öffnen unsere Herzen, erinnern uns an ein Gemälde im Großen Festsaal unseres Rathauses, auf dem zu sehen ist, dass der Hamburger vor niemandem auf die Knie geht und bezeugen friedlich unsere Haltung. Ich schwanke noch zwischen Flucht an die See und Zeitzeugentum und sehne das Ende des Gipfels und den Beginn der sommerlichen Schulferien herbei. Dann kann die Auster sich vorsichtig öffnen und unser aller Naturprodukt wieder ausspucken. Unsere Perle leert sich, wird frei und ruhiger, der Verkehr nimmt ab und einzelne Läden bleiben uns, mit dem Hinweis auf einen mehrwöchigen Betriebsurlaub, verschlossen. Und dann fällt es mir wieder ein: Alle sind weg, nur ich nicht. Ganz altes Trauma.

Mein Hund, die Wanderhure

Meine Hündin ist läufig. Seit ein paar Tagen führe ich sie ausschließlich an der langen Flexileine Gassi und brülle jedem uns entgegenkommenden Hundehalter „Sie ist läufig!“ zu. Dabei zeige ich mit ausgestrecktem Zeigefinger und dramatischer Geste auf meine tänzelnde Hündin. Die Reaktionen darauf sind tatsächlich geschlechtsspezifisch. Während der weibliche Teil der Hundehalterschaft sich meist freundlich für meinen Hinweis bedankt, den eigenen Fellbeutel im Falle eines unkastrierten Rüdendaseins anleint und in sicherem Abstand an uns vorüberführt, gibt der gemeine Rutenträger in aufrechtem Gang sich lässig bis ignorant. Meine liebste Antwort auf mein verhütungstechnisches Brüllen lautet: „Das macht nichts.“. Aha. Entgegen der hoffentlich am eigenen Leib gemachten Erfahrung, denkt der Herr des G´scherrs, er könne seinen duftstoffbetörten Canem Maskulinum durch scharf gezischte Befehle im Gutsherrenton vom Liebesspiel abbringen. Weit gefehlt. Ein anderes Argument, der, also seiner, also sein Hund, sei ja viel zu klein, gab mir Anlass zu der Frage, ob kleine Rassen sich ob ihres also mangelnden Sexualtriebes ausschließlich mit Hilfe der reproduzierenden Medizin vermehren und vielleicht deshalb so teuer im Erwerb seien? Meiner Hündin ist all das egal. Von Tag zu Tag beben ihre Lefzen heftiger und sie trägt ein Schild auf ihrer Stirn auf dem geschrieben steht „Interesse an Geschlechtsverkehr? Bin wenig wählerisch. Nehme auch Ratten und Eichhörnchen!“. Sie und ihr derzeitiges Gebaren lassen mich erschaudern in der Erkenntnis: Oh nein, sie ist ja gar keine echte Lebensgefährtin! Tatsächlich ist sie ein Tier!

Diversität mal anders

Genau heute vor einer Woche habe ich noch von meiner festen Überzeugung gesprochen, dass ganz am Ende die Liebe siegt. Das mag so sein, aber das, was ich derzeit in meiner Stadt erlebe, spricht eher dafür, dass der Mensch dann nicht mehr Teil unserer Welt sein kann. Hamburg und sein dieser drei Tage extremes Geschehen als Mikrokosmos für den Rest der Welt bzw. dem, was der Mensch mit ihr macht. So ist er, der Mensch. Die Rollen sind vielfältig. Und in seinen Rollen ist der Mensch komplex und nichts ist einfach zu beantworten. Ein Blick zurück zeigt, dass das noch nie anders war und offensichtlich nichts mit unserer Zeit zu tun hat. Hamburg ist wahrhaftig im Ausnahmezustand, so, wie ich in meiner Generation und alle Nachfolgenden es noch nie erlebt haben. Das abgrundtief Böse ist zu Gast, symbolisiert durch mindestens drei wirklich böse Menschen, die ja gar nicht böse, sondern einfach nur persönlichkeitsgestört und leider, leider mit sehr, sehr viel Macht ausgestattet sind. Was ist mit den anderen, die gewaltvoll was auch immer demonstrieren? Sind das die, die vor 78 Jahren fröhlich pfeifend in den Osten einmarschiert wären weil sie einfach Bock auf Gewalt haben? Ich habe keine Ahnung, denn es gibt eben keine einfachen Antworten. Ich telefoniere mit einer weinenden Freundin, die in St. Pauli und somit im Zentrum des gewaltvollen Protestes und der Reaktionen darauf wohnt, und die all das, was sich da direkt vor ihr abspielt, überhaupt nicht fassen kann. Die mürbe ist nach momentan zwei Tagen Wasserwerferkonvois, Martinshorngeheule, brennenden Autos, geworfenen Steinen und Flaschen, martialisch anmutender Polizeikluft. Zusammen besinnen wir uns auf die Menschen z.B. in Syrien und schämen uns. Ich selbst setze mich am gestrigen Abend mutig auf mein Rad, die Situation im schönen Winterhude und Umgebung zu erkunden. Feige wage ich mich keinen Meter aus meiner alsternahen Komfortzone hinaus und stelle mir vorm Atlantik Hotel stehend vor, wie unsere Kanzlerin sich nach D Punkt Narziss Abfahrt vor den Spiegel stellt und ihn zwecks Aggressionsabbaus nachäfft: „Oooohhhhh, ich bin ja so important! Wääääääällllllll, ich hab den Allergrößten!“. The Beast fährt in the Beast an mir vorbei, oder auch nicht, wahrscheinlich hatte er sich längst in dem Wagen von der Großwäscherei versteckt und ist noch schön in die Herbertstraße gefahren. Arme Melania, die aussieht wie eine weibliche Bewohnerin von Stepford. Frustrierte Ehefrauen, friedlicher, kreativer, inspirierender Protest für und gewaltvoller gegen, ehrlich Bemühte in der Exekutive und solche, die Ihre Macht missbrauchen und einzig ihren Wohlstand mehren wollen. Die, die jetzt schon wissen, wie man alles besser macht, aber bereits an der Logistik eines Essens für mehr als Zwei scheitern. Und solche wie mich, die all das beobachten und sich ängstlich davor drücken, sich an die Seite der Friedlichen zu stellen und auf offener Straße Stellung zu beziehen für Frieden, Gerechtigkeit und ein stabiles Klima. Und der Himmel voller Hubschrauber. In meiner Stadt passiert gerade jetzt so viel Unterschiedliches auf so vielen unterschiedlichen Ebenen, gelebt durch Menschen, alles Individuen, jedes mit seinen ganz eigenen, komplexen, vielschichtigen Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Am Ende gewinnt die Liebe. Aber nur, wenn wir mindestens 7,5 Milliarden weniger wären.

Hängen soll er!

In Hamburg sollen Köpfe sollen rollen, und zwar flott! Ruck zuck, nämlich bereits am Freitagmorgen, war klar, wessen Kopf das an erster Stelle sein soll. Der noch Träger dieses Kopfes wurde u.a. als Schweinchen Dick tituliert und ihm wurden Motive wie Eitelkeit und Eigenschaften wie totale Unfähigkeit zugeschrieben. Andere finden, er hätte Hamburg vor dem Rest der Welt blamiert und in Verruf gebracht. Er hat im Vorfeld des vergangenen Wochenendes eine Formulierung zu unser aller Sicherheit gewählt, die sich nicht einhalten ließ. Hat den Ablauf eines G20 Gipfels mit dem eines Volkfestes als für den Bürger kaum spürbar verglichen. Jetzt ist das sehr anders gekommen, als von den meisten erwartet. Das war eine Fehleinschätzung. Wie wir Kinder wissen, ist sogar Schweinchen Dick nur ein Mensch. Und Menschen machen Fehler. Selbst die Superschlauen, die es wie immer von Anfang an wussten. Und zwar besser. Die internationalen, hirnlosen Zerstörer, im Gepäck diverse Outfits zu jedem Anlass, haben aber keine Stadt zerlegt. Sondern Stadtteile. Es hat keinen Toten gegeben! Unsere starke, stabile, demokratische Stadt hat alles überlebt und gemeistert. Kann man in einem Land, in dem die Polizei im Anschluss an ihr Tun eine Pressekonferenz gibt und uns ihr Vorgehen ausführlich erläutert, mit seiner Meinungsbildung nicht vielleicht so lange warten, bis man ein paar Infos mehr hat und sich diese Meinungsbildung überhaupt leisten darf? Ich selbst habe noch nicht als Einsatzleiterin mein Brot verdient. Ich habe auch kein Praktikum als Bürgermeisterin gemacht. Und ich habe keinerlei Bedürfnis nach irgendwelchen Rücktritten in diesem Fall. Als Hamburgerin, die ihre Perle heiß und innig liebt, fühle ich mich nicht im Geringsten blamiert oder beschämt. Ganz im Gegenteil. Denn wir Hamburger haben der Welt auf friedlichen Demonstrationen unsere Haltung gezeigt und die demolierten Stadtteile am Sonntag zusammen mit der Stadtreinigung wieder aufgeräumt. Niemals zuvor war die Schanze so sauber. Oder wie einer der Anwohner meinte: „Lass ma, das war vorher schon!“ Ich war selten so stolz auf meine Stadt!

Auch nur ein Mensch

Ich bin verliebt. Und wenn ich mal ein Stück weit nachspüre, so, wie wir Psychologen das gerne tun, dann bin ich über dieses erste Stadium bereits seit langem hinweg und mein wahrhaftig empfundenes Gefühl ist ein ganz klares: Ich liebe. Ich liebe innig, aufrichtig und in zutiefst empfundener Loyalität. Greift jemand das Objekt meiner Sehnsüchte an, verteidige ich es bis aufs Blut. Denn ich bin eine treue Seele. Habe ich mein Herz einmal vergeben, dann gilt das für immer. Wir sind in einem steten Dialog, der sich, um der Wahrheit genüge zu tun, eher als Monolog darstellt. Er liest mir vor, wann immer ich das möchte. Und ich darf wählen, was: Band 1 oder Band 3. Ich höre ihm zu, auch wenn er sich inzwischen vielfach wiederholt und hänge an seinen imaginären Lippen. Begegnet sind wir uns erst dreimal. Es lagen jeweils 15 bzw. 3 Meter zwischen uns. Und ich bin mir sicher, dass, wüsste er um meine Existenz, er würde mich genauso wieder lieben. Aber er steht auf seiner Bühne und kann mich nicht sehen. Allein die grellen Scheinwerfer, die seine Großartigkeit und seinen Ruhm nur noch heller strahlen lassen, hindern ihn daran. Gelesen hat er wieder nur für mich. Als er danach im Foyer sein Buch signiert, setze ich mich ganz in seine Nähe, beobachte ihn und sinniere über diesen einen Satz, der, würde er mir nur einfallen und ich mich bloß trauen, ihn zu sagen, so originell, noch nie dagewesen und brillant wäre, dass er diesen wunderbaren Mann aufblicken und denken ließe: „Da ist sie endlich, meine verwandte Seele!“. Mich aus meinen Träumen zerrend höre ich wie er bereits das 83. Mal „Vielen Dank, schön, dass Sie heut Abend hier waren.“ zu seinem jeweiligen Gegenüber sagt. Wie schlicht. Wie aufrichtig. Wie wahrhaftig. Ich liebe ihn!

Ein Wunder

Ich habe eine Freundin, die in den letzten Wochen öfter mal hört „Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, du bist schwanger!“. Woher weiß der Redner es besser? Beispiele aus der Welt der Prominenten einerseits, und ausschließlich durch das entsprechende Ereignis bekannt gewordene Menschen andererseits liefern den Beweis: Eine Schwangerschaft jenseits der 50 ist mit Hilfe moderner Reproduktionstechnik durchaus im Bereich des Möglichen. Meine Freundin jedenfalls ist in der Tat nicht schwanger. Was der Redner dieser Vermutung aber ganz deutlich wahrgenommen hat: Sie strahlt, sie blüht, sie leuchtet! Und das bedeutet in ihrem Fall: Sie ist verliebt! Und was statistisch gesehen angeblich noch viel weniger möglich sein soll als eine Schwangerschaft in diesem biblischen Alter: Ihre Verliebtheit wird erwidert! Alle beide, sie und ihn, hat es getroffen wie der viel beschriebene Blitz. Meine Freundin kann nicht essen, hat das letzte Mal vor vielen Wochen eine REM Phase in voller Länge erleben dürfen, joggt zu frühster Stunde durch den Stadtpark, hat bereits 5 Kilo abgenommen, grinst grenzdebil, guckt in Dauerschleife auf ihr Handy, kurz, sie benimmt sich wie eine 17jährige, ein Backfisch, ein Teenie. Der liebe Gott, oder wer auch immer verantwortlich ist für dieses seltsame Leben, hat uns manch wundervolles Geschenk gemacht. Beim Älterwerden müssen wir einige dieser Präsente wieder abgeben oder zumindest mit einem steten Abbau der göttlichen Gaben klarkommen. Die zunehmende Verschlechterung meiner Sehkraft geht mir z.B. echt auf die Nerven! Der körperliche Verfall ist real, steht aber im diametralen Gegensatz zum inneren Wachstum. Ich finde älter werden bisher ausschließlich positiv, und zwar eben wegen des inneren Wachstums. Und auch wegen meiner Freundin bzw. dem Beispiel, das sie gibt. Denn das, was wer auch immer uns bis ganz zum Schluss, also bis zum wirklich allerletzten Atemzug lässt, ist das schier unbeschreiblich tolle Gefühl, wenn man verliebt ist. Egal wie alt, ob 6, 17, 38, 53, 67 oder 96! Ist das nicht unfassbar schön? Ist das nicht ein Grund zum Jubeln? Zum tiefst dankbar sein? Und damit wir uns bei dem einen und anderen Symptom sicher sein können, dass das bitte die Wechseljahre sind, und nicht doch noch eine jeder Statistik widersprechende Spontanschwangerschaft, rufe ich den mittelalten Turteltauben laut zu: „Kinder, bitte zeigt Verantwortung und verhütet!“.

Dekade

Ich und die meisten meiner Freunde sind gerade um die 50. Die kommenden 10 Jahre werden hart. Denn eins ist klar: Unsere Eltern werden in dieser Zeit wahrscheinlich krank und womöglich pflegebedürftig. Eventuell werden sie am Ende ihres Lebens sogar sterben. Jemand aus unserer Mitte wird statisch gesehen krank. Vielleicht schwer krank. Und am Ende sogar sterben. Wer von uns wird das sein? Vielleicht erwischt es ja diesmal bitte all die anderen! So oder so, die Beerdigungen werden zunehmen und das kleine Schwarze wird häufiger mal zum Einsatz kommen. Unsere geliebten Rotzgören werden in die Welt ziehen und ihre eigenen Leben leben. Gut so. Aber auch traurig und heimlich, still und leise: ein bisschen schmerzhaft. Einige von uns werden in Rente gehen und ich frage mich schon jetzt, was ich mit diesen dann wirklich sehr alten Menschen überhaupt zu tun habe! War die 50 nicht schon absurd genug? Was denn noch alles? Plötzlich kommt Hoffnung auf, denn Dank der Rotzgören wird es Hochzeiten oder Verpaarungen oder was weiß ich denn geben. Geburten. Taufen. Einschulungen. Ausbildungsversicherungen. Schulaufführungen. Examensfeiern. Krisen, Trennungen und Scheidungen. Krankheiten und Tod. Und uns, die wir weise, gelassen und dennoch irre aktiv und umfassend interessiert all das begleiten werden. Zurückhaltend, unaufdringlich und heiß begehrt von den rotzigen Gören. Wetten?

Noch ein Wunder

Alle 11 Minuten verliebt sich zwar ein Single, aber ob diese Verliebtheit auf Resonanz stößt, beide ein Paar werden und für immer und ewig zusammenbleiben, beantwortet die in entsprechender Werbung aufgestellte Behauptung nicht. Auch nicht, woher all diese wunderschönen Singles, die jetzt shippen, und zwar paar, herkommen. Und was ist mit denen, deren Attraktivität sich mehr im Bereich der Herzensbildung abspielt und die sich in ihrer augenscheinlichen Optik eher der nicht werbetauglichen Mehrheit anschließen? Sind die zum ewigen Alleinsein verflucht? Müssen sie, von der vielversprechenden Botschaft angelockt, wirklich lügen, dass sich die Balken biegen, um überhaupt auch nur eine einzige Reaktion im Worlwideweb zu erhaschen? Ich verweigere mich der vielfachen Überzeugung, dass der großen Liebe heutzutage nur noch medial zu begegnen ist. Die Liebe kommt, wenn ihr danach ist und sie befindet, dass es der rechte Zeitpunkt für ihren ganz großen Auftritt ist. Dabei kommt sie manchmal wirklich ungelegen, gibt sich erst beim dritten Blick zu erkennen oder lässt divenhaft lange auf sich warten. Natürlich muss man Gelegenheiten schaffen, um ihr zu begegnen. Durchaus hilfreich kann es sein, ab und an das Haus zu verlassen. Draußen angekommen auch mal hoch zu gucken und einem Augenkontakt keck Stand zu halten, kann Wunder wirken. Und wenn die Liebe dann entscheidet, dass das da der oder die ist, dann schlägt sie zu. Aus heiterem Himmel, unerwartet, von jetzt auf gleich. Und wenn das bei derzeit 26,6 Periode Millionen Singles in Deutschland alle 0,0000553 Sekunden passiert, sind bald alle vom Markt. Arme Partnervermittlungsportale!

Sag mir wo die Vielfalt ist

Zahlreiche Arten sind derzeit vom Aussterben bedroht. Dreibindengürteltiere, Mausmakis und Schuppentiere machen sich zunehmend rar. Den gelben Enzian, die Schlüsselblume und den stechenden Mäusedorn gilt es demnächst nur noch auf Fotos zu bewundern. Aber Entschuldigung, wir entsprechen schließlich dem göttlichen Auftrag und werden immer mehr. Da braucht es Platz für die Krone von allem, die sich schließlich täglich als solche unter Beweis stellt. Seit einiger Zeit finden wir auf der Roten Liste auch die kostenintensive Art der Mongos, Spasties und all der anderen, die voll behindert sind. Gut so, denn die machen echt Mühe und man guckt da auch nicht so gerne hin. Möglich macht die Dezimierung und das wahrscheinliche Aussterben die moderne vorgeburtliche Diagnostik und ihre Konsequenzen, die uns, im Sinne der Optimierung unseres noch bis vor kurzem unwägbaren Schicksals, unmenschliche Entscheidungen abverlangt. Das ist ein weites ethisches Feld und ich bin entsetzt in einer Gesellschaft zu leben, in der zukünftige Eltern mit einer entsprechenden Diagnose sich immer öfter so allein gelassen fühlen, dass sie sich gegen ihr Kind entscheiden. Bei der Vorstellung, schon bald nie wieder einem in freier Wildbahn begegnen zu können, wird mir mehr als schwer ums Herz. Sie werden unserer Gesellschaft schmerzlichst fehlen, denn sie haben es einfach drauf. Sie sind in einigen Dingen so unendlich viel besser als wir anderen. In Sachen Klarheit, Aufrichtigkeit, Herzlichkeit, Mitgefühl und Direktheit sollten wir uns eine dicke Scheibe abschneiden, von der wir dann leider ewig zehren müssen. Denn bald sind sie nicht mehr da. Das ist ein Fakt!

Und schon wieder soll er hängen

Meine Perle befindet sich erneut in den Schlagzeilen. Kaum, dass sie sich wieder aufpoliert und etwas Ruhe in ihrer samtgekleideten Schatulle gefunden hat, zerrt man sie gierig in den Fokus, bebildert ihre neueste Seite und stellt drängende Fragen, was denn eigentlich in letzter Zeit los sei mit ihr. Ein Mensch hat einen anderen Menschen getötet und sieben weitere schwer verletzt. Dieser Täter kann vieles sein. Ein Fanatiker, Extremist, Islamist, Labiler, Depressiver, Paranoidschizophrener, Traumatisierter oder Drogenabhängiger. Und vielleicht sogar: ein Mörder. Beim Wochenendeinkauf am Tag danach gibt es kein anderes Thema. Ich höre Sätze, die sagen, dass die sich an uns anpassen müssen, wenn sie hier leben wollen. Ich frage mich, ob nicht jeder Mensch sich an die Regel anpassen sollte, dass man nicht tötet. Dass so einer sofort zurückgeschickt werden muss und ihm da, wo er herkommt, der Kopf abgeschlagen würde. Ich frage mich und die Dame, die das sagt, ob sie denn für die Todesstrafe sei. Für meinen Geschmack zögert sie etwas zu lang. Mir ist es vollkommen egal, welche Nationalität ein Mensch hat, der so etwas tut. Gewalt widert mich an, egal, wer sie ausübt. Was mich viel mehr interessiert und was mich mit großem Glück erfüllt, ist, dass es mal wieder Hamburger Bürger waren, die diesen Täter verfolgt, ihn aufgehalten, zu Fall gebracht und so Haltung gezeigt haben. So richtig teutsch sahen die alle nicht aus, wenn man mich fragt. Meine Perle glänzt auch deshalb, weil ihre Bewohner manchmal wirklich zivilcouragiert sind. Was für mutige, entschlossene, tapfere Menschen. Mir doch egal, wo die herkommen! Das Geschehen wurde gefilmt und diesen Film hatten wir alle ganz schnell auf allen Kanälen. Er wurde aus einem Auto heraus gefilmt, das wahrscheinlich zentralverriegelt war. Wo mag der eher feige, sensationsgeile Produzent hergekommen sein? Wahrscheinlich aus Hollywood. Gibt es da eigentlich noch die Todesstrafe?